Wer arm ist, lebt deutlich kürzer: Auf diese kurze — und beunruhigende — Botschaft lässt sich eine neue Studie von Roland Rau, Max-Planck-Fellow am Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock und seinem Kollegen Carl Schmertmann zusammenfassen. Die beiden Forscher haben anhand von Sterberaten der Jahre 2015 bis 2017 die Lebenserwartung von Männern und Frauen in allen 402 Landkreisen Deutschlands geschätzt. Danach stellten sie sich die Frage, welche Faktoren ausschlaggebend für die sehr unterschiedlichen Ergebnisse sind. Denn die durchschnittliche Lebenserwartung unterscheidet sich bei Männern um mehr als fünf Jahre, bei Frauen um fast vier Jahre — und zwar entsprechend der Wohnorte.
So werden Frauen im Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt im Schnitt nur 81,8 Jahre alt. Dagegen können sich Frauen im Landkreis Starnberg im Südwesten Münchens darüber freuen durchschnittlich 85,7 Jahre alt zu werden. Auch bei den Männern gibt es ein Nord-Süd-Gefälle. In Bremerhaven leben sie im Schnitt nur 75,8 Jahre, im Landkreis München werden Männer dagegen 81,2 Jahre alt.
Den Hauptgrund für diese Unterschiede machen die Forscher im Wohlstandsgefälle zwischen den Landkreisen aus: Je wohlhabender ein Landstrich, desto länger leben die Menschen dort. Je mehr Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger, desto kürzer die Lebenserwartung. Das Fazit der Forscher: „Wer Unterschiede in der Lebenserwartung reduzieren will, muss vor allem die Lebensbedingungen des ärmsten Teils der Bevölkerung verbessern“, ist Roland Rau überzeugt. Seiner Meinung nach hätten häufig debattierte Faktoren wie das Durchschnittseinkommen, die Zahl der Ärzte pro 100.000 Einwohner oder die Bevölkerungsdichte einen weitaus geringeren Einfluss auf die Lebenserwartung.