Buchrezension: “Morgen werden wir 100. Wie unser langes Leben gelingt”

Buchcover: Morgen werden wir 100

Buch­co­ver: Mor­gen wer­den wir 100

Eines mei­ner abso­lu­ten Lieb­lings­bü­cher (Mar­ga­ret) in Sachen Neue Alters­bil­der ist “Mor­gen wer­den wir 100. Wie unser lan­ges Leben gelingt” von Lynda Grat­ton und Andrew Scott.

Die bei­den Pro­fes­so­ren (sie Psy­cho­lo­gie, er Volks­wirt­schaft) zäh­len zu den Top-Demo­gra­fie-Exper­ten welt­weit und prä­sen­tie­ren in die­sem in der Edi­tion Kör­ber-Stif­tung erschie­nen Buch ein abso­lut über­zeu­gen­des Modell für die Work-Life-Love-Balance im 21. Jahrhundert. 

Des­halb hier meine Rezension:

“Mor­gen wer­den wir 100. Wie unser lan­ges Leben gelingt.” Lynda Grat­ton, Andrew Scott, Edi­tion Kör­ber Stif­tung, 20.- € (alle Zitate stam­men aus dem Buch)

“Ein heute in der west­li­chen Welt gebo­re­nes Kind hat eine Chance von mehr als 50 Pro­zent, 105 Jahre oder älter zu wer­den. Vor 100 Jah­ren dage­gen betrug für ein Neu­ge­bo­re­nes die Chance, die­ses Alter zu errei­chen, weni­ger als 1 Pro­zent. Das Geschenk eines län­ge­ren Lebens ist lang­sam, aber ste­tig immer grö­ßer gewor­den. In den letz­ten 200 Jah­ren stieg die sta­tis­ti­sche Lebens­er­war­tung um mehr als zwei Jahre pro Jahr­zehnt. Wenn Sie heute 20 sind, haben Sie also eine Chance von 50 Pro­zent, 100 Jahre und älter zu wer­den; wenn Sie 40 sind, haben Sie eine ebenso hohe Chance, das 95. Lebens­jahr zu errei­chen; und wenn Sie 60 sind, wer­den Sie mit 50-pro­zen­ti­ger Wahr­schein­lich­keit 90 Jahre und älter.”

Wenn es nor­mal wird, hun­dert Jahre zu leben, ist klar, dass sich unser Leben ändern wird. Statt wie bis­her in den drei Stu­fen — Kind­heit und Ausbildung/​Lernen, Arbei­ten, Ruhe­stand — wird unser Leben viel­stu­fig wer­den. Ler­nen, Arbei­ten und Aus­ru­hen wer­den sich in einem hun­dert­jäh­ri­gen Leben immer wie­der abwech­seln. Doch noch sind “nur wenige Men­schen in der Lage oder dafür qua­li­fi­ziert, mehr als zwei Über­gänge zu schaffen.”

Was man und frau für ein sol­ches viel­stu­fi­ges Leben an Fähig­kei­ten braucht und wie es gelin­gen kann, ist das Thema die­ses fas­zi­nie­ren­den Buches der Wirt­schafts­pro­fes­so­ren Lynda Grat­ton und Andrew Scott (beide Lon­don Busi­ness School). Zen­tral dafür ist, was die Autoren “trans­for­ma­tio­nale Ver­mö­gens­werte” nen­nen:  “Sie beschrei­ben die Fähig­keit zur Trans­for­ma­tion. Im Ver­lauf eines 100-jäh­ri­gen Lebens wer­den die Men­schen große Ver­än­de­run­gen und zahl­rei­che Über­gänge zu bewäl­ti­gen haben. Zu trans­for­ma­tio­na­len Ver­mö­gens­wer­ten gehö­ren eine gute Selbst­ein­schät­zung, die Fähig­keit, Zugang zu unter­schied­li­chen Netz­wer­ken zu fin­den und Offen­heit für neue Erfah­run­gen. Sie wur­den in einem tra­di­tio­nel­len drei­stu­fi­gen Leben kaum wei­ter­ent­wi­ckelt, in einem viel­stu­fi­gen Leben gewin­nen sie immer grö­ßere Relevanz.”

Diese trans­for­ma­tio­na­len Ver­mö­gens­werte ergän­zen die bei­den klas­si­schen Kon­zepte der “pro­duk­tive Ver­mö­gens­werte” (“Sie hel­fen dem Ein­zel­nen, am Arbeits­platz pro­duk­tiv und erfolg­reich zu sein und kön­nen dabei mit zu einem höhe­ren Ein­kom­men bei­tra­gen. Fer­tig­kei­ten und Kennt­nisse sind in die­ser Kate­go­rie eine wich­tige Kom­po­nente, aber es gibt noch mehr”) und der “Ver­mö­gens­werte der Vita­li­tät” (“Sie bestim­men das psy­chi­sche und phy­si­sche Wohl­be­fin­den. Zu ihnen zäh­len Freund­schaf­ten, posi­tive Fami­li­en­be­zie­hun­gen und Part­ner­schaf­ten, aber auch Gesund­heit und Fit­ness. Längs­schnitt­un­ter­su­chun­gen zei­gen, dass hohe Vita­li­täts­werte für ein lan­ges Leben eine Schlüs­sel­rolle spielen.”)

Grat­ton und Scott spie­len die Mög­lich­kei­ten eines viel­stu­fi­gen Lebens an drei hypo­the­ti­schen Lebens­läu­fen von Men­schen durch, die jeweils 1945, 1971 und 1998 gebo­ren sind. Dadurch wird das Buch außer­or­dent­lich anschau­lich und macht rich­tig­ge­hend Lust auf die not­wen­di­gen Veränderungen.

Als einen der “auf­re­gends­ten Aspekte die­ser neuen Stu­fen” sehen die Autoren die “Alters­un­ab­hän­gig­keit”: “Im einem Drei-Stu­fen-Modell ist das Alter ein Indi­ka­tor für eine bestimmte Lebens­phase, und diese Deckungs­gleich­heit von Alter und Lebens­phase ergibt einen ein­fa­chen, linea­ren Lebens­ver­lauf. (…) In einem viel­stu­fi­gen Leben mit zahl­lo­sen Mög­lich­kei­ten des Arran­ge­ments von Akti­vi­tä­ten sind Alter und Lebens­phase ent­kop­pelt. (…) Tat­säch­lich müs­sen sich in einem viel­stu­fi­gen Leben Men­schen jedes Alters Eigen­schaf­ten bewah­ren, die bis­her nur mit jun­gen Men­schen asso­zi­iert wur­den: Jugend­lich­keit und Plas­ti­zi­tät, Ver­spielt­heit und Impro­vi­sa­tion; und die Fähig­keit, Neues zu wagen.”

So ist “Mor­gen wer­den wir 100” nicht nur ein Mut­ma­cher für ein lan­ges Leben, son­dern bie­tet auch ein trag­fä­hi­ges Theo­rie­ge­rüst für eben die­ses lange Leben. Das kann nicht nur für den Ein­zel­nen und seine Lebens­pla­nung außer­or­dent­lich hilf­reich sein, son­dern ist es in ganz beson­de­rem Maße für unsere Gesell­schaft ins­ge­samt: Schaf­fen wir es, das Kon­zept des viel­stu­fi­gen Lebens und die Bedeu­tung der trans­for­ma­tio­na­len Ver­mö­gens­werte in Deutsch­land zu eta­blie­ren, wird unsere älter wer­dende Gesell­schaft dyna­misch und inno­va­tiv bleiben.

Mar­ga­ret Heckel

 

 

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